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zur Figur des Fahrend Schulers


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Auf dieser Seite sind einige Texte und Bilder versammelt, die die Figur des Fahrend Schülers und das Schul- und Universitätsleben der Gotik zum Gegenstand haben.
Natürlich können diese Texte keinen umfassenden Einblick in das Bildungswesen der Gotik bieten. Sie wollen in erster Linie unterhalten, und sind meist auch zu diesem Zweck verfasst worden.


VON EINEM FAHRENDEN SCHÜLER

Man findet unterweilen Schüler, die, obwohl sie gar kein nütz sind, nicht studieren, auch nicht arbeiten wollen, hin und wieder dem Betteln nachlaufen und die armen, einfältigen Bauern betrügen mit Büberei und Schalkheit ihrer seltsamen Künsten und anderlei Beschisserei;

sie sagen, sie seien in, ich weiß nicht welchem, Fraun- Venusberg gewesen, wo sie allerlei Künst und Zauberei gelernet hätten, und verheißen wunderbarliche Ding.
Und von diesen Schülern hab ich viel geschrieben in meinem Büchlein Triumpho Veneris. Aus ihrer Zahl kam einer auf ein Zeit gen Justingen zu eim Wagner, der von diesen Gesellen oft und dick war betrogen worden, und begehret ein Almosen, dann er ein Meister der sieben freien Künst und einer von denen wär, die einmal im Venusberg gewesen seind und beim gemeinen Mann fahrende Schüler heißen. Darauf saget der Wagner: »Bist du nicht das verschienen Jahr auch hier gewesen?« Und da der ander verneinet, saget er weiter: »So geh und komm forthin nimmer, dann ich werd dir nichts geben.« Der Fahrende fraget unwillig, aus was Grund er ihn, der doch ein Meister der sieben Künst und ein Magus wär, nicht ihrzet (dann die Teutschen habens also im Brauch, daß sie nur entweders Freund und Bekannte oder schlecht und unachtbar Menschen duzen). Antwortet der Wagner: »Ich kann viel mehr denn du: dann mit meinem einigen Handwerk ernähr ich mich, mein Weib und sieben Kinder, du aber kannst dich allein mit sieben Künsten nicht ernähren und gehst betteln. Daher sollst du mich ihrzen, nicht ich dich.« Also zoge der Schüler fein hübsch verspottet ab. und billig ergehets also denen, die sich allein des Titels rühmen, aber keines der Ding leisten, die sie vorgeben, trotzdem aber viel hoffärtiger, stolzer und übermütiger sind denn die, die so viel studiert haben und wissen.

(Aus: Heinrich Bebel: Facetien) zum Seitenanfang


VOM FAHRENDEN SCHÜLER THOMAS PLATTER

ich war des Gotteslohnes und Bettelns wohl gewohnt; denn dazu hatten mich die Bacchanten fortwährend gebraucht, gar nicht zu der Schule gezogen, auch nicht einmal Lesen gelehrt .. alles, was ich bekam, brachte ich den Bacchanten; ich hätte nit einen Bissen gegessen, denn ich fürchtete das Streichen ...
... aber mein Gesell fraß schier alles selbst, dem gingen die Bacchanten auf der Gasse nach, daß sie ihn essend fänden, oder sie hießen ihn den Mund mit Wasser aus- schwenken ..., damit sie sähen, ob er etwas gegessen hatte. Dann warfen sie ihn in ein Bett und ein Kissen auf den Kopf, daß er nicht schreien konnte, und schlugen ihn diese Bacchanten, bis sie nicht mehr konnten; darum fürchtete ich mich und brachte alle Dinge heim. ...
Als ich mich in Zürich aufhielt, sagte man, es würde ein Schulmeister von Einsiedel kommen, ein gar gelehrter und treuer Schulmeister, aber grausam wunderlich. Da machte ich mir einen Sitz in einem Winkel, nicht weit von des Schulmeisters Stuhl und dachte: 
"In dem Winkel willst du studieren oder sterben."
... er las uns den Terentius, und wir mußten alle Wörtlein in einer ganzen Komödie deklinieren und konjugieren, und oft ist er mit mir umgegangen, daß mein Hemdlein naß geworden ist, und daß mir das Gesicht verging, und doch hat er mir nie einen Streich gegeben außer einmal mit der umgekehrten Hand an die Wange. Er las auch in der Heiligen Schrift, und in solchen Stunden kamen viele Laien, denn es war damals im Anfange, daß das Licht des heiligen Evangelii aufgehen sollte. Wenn er aber schon rauh mit mir war, so führte er mich dann heim und gab mir zu essen, denn er hörte mich gern erzählen, wie ich alles Land in Deutschland durchgelaufen und wie es mir allenthalben ergangen war.

(Aus: Gustav Freytag, Bilder der deutschen Vergangenheit) zum Seitenanfang


STUDENTENUNRUHEN

Am 24. Juni 1422 ist zu Wien ein großer Auflauf entstanden durch die Gemeinde und die Studenten. Etliche Studenten wurden verwundet, und deshalb beklagte sich die ganze Universität bei dem Fürsten. Der Meister war Richter zu der Zeit und war bei dem Herzog. Da kamen Meister Hans, Lehrer geistlicher Richte, und Meister Hans Aigl, Lehrer der Arzneikunde, und andere Doktoren, und sie sagten dem Richter in Gegenwart des Fürsten und seiner Räte, daß die Schustergilde der Universität viel Ungemach bereite, und riefen den Fürsten an, daß er ihnen Friede schaffen möge. Daraufhin erhob sich ein großer Ansturm der Gemeinde gegen die Universität, und sie wollten das Kollegium und etliche Studentenhäuser aufgehoben haben. Als das der Fürst vernahm, ritt er mit 2000 Pferden an die Brandstätte und wollte sehen, wie die Sache enden würde. Dann ritt er mit seinem Gefolge zu dem Kollegium und traf dort an die 4000 bewaffnete Männer. Nun gebot der Fürst Frieden, Jedermann sollte heimgehen. Darauf fing der Herzog den Richter und ließ ihn auf den Greitzenstein führen. Er mußte sich um ein hohes Lösegeld freikaufen...

(Kloster Neuburger Chronik) zum Seitenanfang


WARNUNG VOR BETRÜGERISCHEN FAHRENDEN SCHÜLERN

Von Kammesierern

Das sechste Kapitel ist von Kammesierern, das sind Bettler, item junge Scholaren, junge Studenten, die Vater und Mutter nicht folgen und ihren Meistern nicht gehorsam sein wollen. Und apostatieren, laufen fort und kommen so in böse Gesellschaft, die in der Wanderschaft auch gelehrt ist. Die helfen denen dann schon, das ihre zu verjonen, versencken, verkimmern und verschochern, zu verspielen, versetzen, verkaufen und versaufen. Und.wenn sie dann gar nichts mehr haben, dann lernen sie das Betteln oder Kammesieren, das gelehrte Betteln, lernen die Houtzen hesefeln, die Bauern bescheißen, das Kammesieren also.
Item, sie kämen aus Rom - aus dem Sonnenboß, dem Hurenhaus - und wollten Priester werden - am Dollmann, am Galgen. Einer ist Acolitus, der andere Epistler, der dritte Evangelier, der vierte ein Galch, ein Pfaffe - und man hätte niemanden als fromme Leute, die einem mit ihren Almosen helfen könnten, weil einem in Todesnöten alle Freunde abgegangen seien.
Item, sie scheren Kronen, sie schneiden sich Tonsuren, und sind nicht ordiniert, haben auch kein Format, keine Priesterweihe, obwohl sie erzählen, sie hätten es. Und ist eine loe, eine böse, falsche Vot, Nahrung.
Conclusio: Diesen Kammesierern gib nicht, denn je weniger man ihnen gibt, um so besser werden sie und um so eher lassen sie davon ab, sie haben auch loe Format, die falsche Weihe. 

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Von Vagierern

Das siebente Kapitel ist von Vagierern, das sind Bettler oder Abenteurer, die gelbes Garn tragen und aus Frau Venus Berg kommen und die die Schwarze Kunst verstehen. Die werden genannt Fahrend Schüler.
Wenn dieselben in ein Haus kommen, dann fangen sie so an zu sprechen: Hier kommt ein Fahrender Schüler der Sieben Freien Künste, ein Meister - die Houtzen zu besefeln, die Bauern zu bescheißen - einer, der die Teufel beschwört bei Hagel, Gewitter und andern Ungeheuern, danach spricht er etliche Charaktere, Zaubersprüche und macht zwei oder drei Kreuze und spricht:

Wo diese Worte werden gesprochen
da wird niemand mehr erstochen
es geht auch niemand an Unglück zuschand
nicht hier und nicht im ganzen Land,

und viele andere kostbare Worte. So glauben dann die Houtzen, die Bauern, es geschehe also, und sind froh, daß er gekommen ist, weil sie noch nie einen Fahrenden Schüler gesehen haben, und sie sagen zu dem Vagierer: Dieses oder jenes ist mir widerfahren, könnt Ihr mir helfen, ich würde Euch ein oder zwei Gulden geben. Und er sagt: Ja - und hesefelt so den Houtzen ums Meß, bescheißt so den Bauern ums Geld.
Mit den Experimenten ernähren sie sich. Die Houtzen, die Bauern meinen bei dem, was sie ihnen erzählen, sie könnten die Teufel beschwören. So könnten sie einem helfen bei allem, was einem ein Anliegen ist. Denn es gibt nichts, das du sie nicht fragen kannst, ohne daß sie dir dafür ein Experiment vorführen. Das heißt - sie können dich bescheißen und betrügen um dein Geld.
Conclusio: Vor diesen Vagierern hüte dich, denn womit sie auch umgehen, es ist alles erlogen.

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Das Titelbild des Liber Vagantorum von 1510 zeigt einen (falschen) Pilger.
Der Text lautet:

Liber Vagantorum

Den betler orden man mich nendt
Durch mich ein jeder lert\merckt und erkent
Was großen betrugs ist uff erstanden
Von mancherley bettler\in dütschen landen
Durch ire sprach die man nempt Rot
Betriegens die menschen frü und spot

(aus dem Liber Vagantorum) zum Seitenanfang


VON EINEM ARMEN STUDENTEN, DER AUS DEM PARADIES KAM,
UND EINER REICHEN BÄUERIN

Es war eine Frau, die war nicht gerade klug, aber sie war reich, und sie hatte einen Sohn gehabt, der war gestorben. Eines Tages war ihr Mann im Rat, da kam ein fahrender Schüler, der begehrte eine Suppe von ihr. Die Frau gab ihm zu essen, und sie sah das Gewand, das er anhatte, und sprach zu ihm: »Ich sehe, daß Ihr ein fahrender Schüler seid. Auch mein Sohn ist in eine andere Welt gefahren. Habt Ihr ihn nicht gesehen? Denn Ihr kommt ja weit hin und her.« Er sprach: »Ja, ich hab ihn gesehen, und er leidet Hunger und großen Frost, und er läßt Euch bitten, daß Ihr ihm einen Pelzrock und Hemden schickt und sechs oder sieben Gulden.« Die Frau sprach: »Gern«, und nahm des Mannes Rock, den mit Fuchspelz gefütterten, doch nicht den besten, und ein langes Hemd und drei Gulden und wickelte es in ein Leintuch wie ein Felleisen und sprach zu ihm:
»Macht Euch bald damit hinweg, ehe daß mein Mann kommt, denn er würde es Euch sonst wieder nehmen.« Er ging davon, und nicht lange danach kam der Mann aus dem Rat, und die Frau sagte es ihm, wie sie ihrem Sohn etwas geschickt hätte. Der Mann war zornig und meinte, sie hätte ihm viel Geld geschickt, und er saß behend auf ein Pferd und eilte ihm nach in der Absicht, es ihm wieder zu nehmen. Da ihn der fahrende Schüler hinterherreiten sah, verbarg er das Felleisen unter einer Staude und lehnte sich auf einen Stecken. Als der Herr kam, sprach dieser zu ihm: »Hast du nicht einen Gesellen gesehen, der trug ein weißes Felleisen auf dem Rücken.« Der fahrende Schüler sprach: »Ja, er ist da über den Zaun gesprungen mit dem Felleisen, als er Euch gesehen hat, und lief dem Wald zu, Ihr könnt ihn noch erreichen.« Der Herr sprang von dem Pferd herab und gab es ihm zum Halten, bis er wiederkomme. Als der Herr nun dem Wald zulief und jenen suchen wollte, nahm der fahrende Schüler das Felleisen auf seinen Rücken, setzte sich aufs Pferd und ritt hinweg. Als der Herr niemand fand, drehte er wieder um und wollte wieder heimreiten. Da fand er das Pferd auch nicht mehr, und er mußte zu Fuß nach Hause traben. Als er nun nach Hause kam, da fragte ihn die Frau, ob er den Mann gefunden hätte. Er sagte: »Ja, ich habe ihm noch mehr Geld gegeben und habe ihm mein Pferd dazu geschenkt, damit er desto schneller zu ihm komme.« (51)

(aus: Johannes Pauli, Schimpf und Ernst) zum Seitenanfang


EIN BAUER VERKLAGT DREI STUDENTEN
VOR DEM CONSISTORIUM ZU TÜBINGEN

Drei Studenten hatten miteinander überlegt, sie wollten einem Bauern im Dorf etliche Gänse stehlen. Und als sie sich eines Nachts heimlich heranmachten, um dem Bauern die Gänse zu stehlen und solches so laut machten, daß es der Bauer hörte, doch nicht aufstehen wollte, sondern glaubte, es wäre einfacher, sie vor dem Consistorium zu verklagen. Und als sie nun einen losgeschickt hatten, der die Gänse stehlen sollte, fing ein anderer an und sagte: »Habes?« Der, der die Gänse stahl, antwortete: »Habeo« Und der dritte ermahnte ihn und sagte: »Curre cito!« Diese Worte hatte der Bauer alle gut behalten. Und als er morgens in die Stadt kam, ging er auf das Consistorium und sagte, es hätten ihm drei Studenten die vergangene Nacht etliche Gänse gestohlen und bat die Doktores, sie sollten mit den Studenten verhandeln, daß sie ihm die Gänse zahlten. »Ei, lieber Biedermann«, sagten die Herren, »zeige uns die drei, die dir den Schaden getan haben! So wollen wir mit ihnen verhandeln, daß dir die Gänse bezahlt werden«. »Liebe Herren«, sagte der Bauer, »ich kenne sie nicht. Ich weiß aber wohl, wie sie heißen. Der eine heißt Habes, der andere Habeo, der dritte Curre cito.« Während der Erzählung des Bauern fing einer an, und vielleicht auch der, der bei denen gewesen war, die die Gänse gestohlen hatten, und sagte: »Verba sunt«. »Ei«, sprach der Bauer, »es ist nicht des Färbers Hund, es sind die drei, die ich eben genannt habe; und ich bitt Euch, liebe Herren, ihr wolltet mit den üblen Burschen verhandeln, daß sie sich bedenken und mir die Gänse bezahlen.« Nun sahen die Herren auf dem Consistorium, was für einen Vogel sie vor sich hatten und gaben dem Bauern zur Antwort, er sollte weiterziehen, sie wollten nach den dreien fleißig fragen; und wenn sie etwas erfahren würden, wollten sie erreichen, daß ihm die Gänse bezahlt würden. Mit dieser Antwort mußte der Bauer zufrieden sein und zog heim. Ich denke wohl, daß die Doktores kaum nachgeforscht haben. Also sind dem Bauern seine Gänse noch nicht bezahlt. )

(aus: Michael Lindener: Rastbüchlein und Katzipori) zum Seitenanfang

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